„Jedem Bürger sein Brathuhn!“

„Jedem Bürger sein Brathuhn!“

In der Zeit des Biedermeier wurden Gemütlichkeit und Häuslichkeit großgeschrieben

„Jedem Bürger sein Brathuhn!“ ist ein Motto biedermeierlichen Speisens von 1814 bis 1848, also der Jahre, in denen Johann Philipp Bronner seinen Hausstand in Wiesloch gründete und weiter etablierte. „Biedermeier“ werden diese Jahre genannt, die mit der Zurückdrängung des mündigen, politisch denkenden Bürger einhergehen.

Nach der französischen Revolution, nach Herrschaft und Sieg Napoleons und ganz besonders nach dem Wiener Kongress (1814/15) kam es zu Unterdrückung der Freigeister, zur Restauration alter Herrschaftsverhältnisse und zur politischen Reaktion. Eine freie politische Meinungsäußerung der Bürger sollte durch Bespitzelungen und Zensur im Keim erstickt werden. Dies drängte die Bürger in ihre häusliche Atmosphäre und damit zu harmlosen Dingen zurück.

Gemütlichkeit und Häuslichkeit wurden großgeschrieben

Gemütlichkeit und Häuslichkeit wurden großgeschrieben. Man traf sich zum gemeinsamen Musizieren, zum Lesen von Büchern oder zum Imbiss. Die Speisezimmer waren behaglich möbliert und die meist kostbaren Esstische aus Eiben- oder Kirschholz mit schönen Intarsien erhielten zum Schutz erstmals ein farbiges Tischtuch. Die Tafelservice waren im Stil des Rokoko (verschnörkelt) oder des Empire (klassisch-geometrisch) und zeigten Streublümchen oder Banddekor. Die Hauptmahlzeit bestand aus einer Suppe, gekochtem Rindfleisch mit Sauce, Braten und Gemüse. Das Biedermeier ist die Erfindungszeit herrlicher Speisen, die heute noch geschätzt werden: Wiener Schnitzel, Gulasch, Geselchtes, Kraut und Knödel und vieles mehr.

Eine österreichische Gastwirtstochter beschrieb das als Zeitzeugin so: „…Kaffee war damals noch wenig gekannt, und es gab daher Morgensuppe […] Bei den Herrschaften waren Chocolad und Weinsuppe gebräuchlich […] Jeder Tag hatte im Bürgerhaus seine bestimmte Speise. Von der Suppe angefangen wiederholten sich die meisten Tage, jede Woche dasselbe, nur Sonntag und Donnerstag […] wechselten. Sonst waren Suppe, Fleisch und Gemüse und das warme Nachtmahl am selben Tag gleich.“ (Ingrid Haslinger. Augenschmaus und Tafelfreuden. Klosterneuburg, 2001. S. 64ff)

Bei den Bürgerfamilien zog der „service á la russe“ ein

Zwang in jeder Form war beim Speisen verpönt. Die Kinder wurden in der Küche „abgefüttert“, steife Zeremonien, wie beim Adel gebräuchlich, und alte Etikette ignorierte man. Während Wilhelm von Baden mit seiner großherzoglichen Familie im „schwedischen Speisezimmer“ zu Karlsruhe – auch Napoleon hatte hier gespeist und laut Aufzeichnungen des jungen Markgrafen gar keinen guten Eindruck bei Tisch hinterlassen – noch nach den „service á la francaise“ speiste, also alle Gerichte einer Mahlzeit/ einer Speisefolge kamen auf einmal auf den Tisch, was dazu führte, dass das eine oder andere Gericht schon vor dem Verzehr kalt geworden war, zog in den biedermeierlichen Bürgerfamilien das „service á la russe“ zwar zögerlich aber doch langsam ein.

Ein eher „leer“ wirkender Tisch wurde ersatzweise für die einst so überbordende, gleichzeitige Fülle der Schüsseln, Platten und Schalen mit einer Tischdekoration optisch aufgehübscht. Man griff zum Tafelaufsatz mit Konfekt, zur abendlichen Kerze oder zum Blumenarrangement. Einfaches galt es hübsch und appetitlich zu dekorieren: „ Beym Garnieren der Schüsseln hat man keine andere Absicht, als die einladende Appetitlichkeit eine Speise zu erhöhen; wir folgen darin dem Maler […] Selbst mit Petersilie, geriebener Semmel, Schnittlauch usw. bestreuen wir die Schüsseln und Speisen nur deßwegen, damit unsere Speisen ein desto schöneres Aussehen erhalten.“

Bronner’sche Gartenhaus als biedermeierliches Speisezimmer

Am „Tag des offenen Denkmals 2017“ präsentierte sich das Bronner’sche Gartenhaus als biedermeierliches Speisezimmer und wurde so zum absoluten Publikumsrenner. Angelehnt an ein Kochbuch, das der Bronner-Zeitgenosse Carl Spitzweg für seine Nichte geschrieben hatte, griffen wir in die „fiktive Mottenkiste“ und zauberten „Dem Herrn Apotheker seine Leib-Speisen“ auf den Tisch: Als Vorspeise eine Kräuter-Soup, als Hauptgang einen gespickten Rehrucken mit allerlei Wurzelgemüs und Knödln. Als Dessert schließlich Caffe und allerley Delicioses. Den Besucher, dem das noch zu wenig war, verwöhnten wir mit einer Haus-Führung über biedermeierliche Speisekultur.

Oder war alles ganz anders zuhause bei den Bronners? Alles würziger und viel deftiger?

Hören wir doch einmal kurz hinein: Es klopfte leise an der Türe und die Magd trat herein. „Es steht im Nebenzimmer ein Imbiss bereit, Wein und Brot und etwas Käse.“ … “Wenn die Herren mir folgen wollen“, sagte Bronner und ging voraus in das ebenfalls matt erleuchtete Nebenzimmer. Dessen Einrichtung war einfach, aber geschmackvoll und gediegen Auf dem runden Tisch, auf welchem die Lampe stand, waren irdene Teller, Gläser, Brot und Beilagen aufgetragen. Der Apotheker rückte den Herren die Stühle zurecht, nahm die Weinflasche in die Hand und besah das Etikett…“ (Karin Hirn. Der Garten des Apothekers. Karlsruhe, 2011.S. 92 ff).

Oder sogar so, wie damals im großherzoglich Karlsruher Schloss?

„In diesem Moment war ein leises Händeklatschen zu hören, die Flügeltüren zum Speisezimmer waren lautlos geöffnet worden und gaben den Blick auf eine reich gedeckte Tafel frei […].Ein Lakai brachte den Apotheker an den für ihn bestimmten Platz an der Tafel und bediente ihn mit Speisen und Wein. […] Schräg gegenüber, aber doch etwas weiter entfernt, konnte der Apotheker das Markgrafenpaar an der Tafel beobachten. Dort drüben war man in lebhaftem Gespräch, an dem sich auch die Prinzessin Sophie beteiligte. Der Apotheker beobachtete, wie die Diamanten an ihrem weißen Hals blitzten, er sah die weichen und eleganten Rundungen von Hals und bloßen Schultern, er sah ihre lebhaften Augen und er bewunderte im Stillen und ganz unbemerkt ihr Lächeln und ihre Sicherheit, mit der sie sich an der Konversation beteiligte.“ (S. 74)

Wer weiß es heute in unserer modernen Zeit und wer kann schlußendlich in die wahren Begebenheiten hineinschauen?

„Leichtes und wohlfeiles Mittel gegen den Biß wüthender Hunde“

„Leichtes und wohlfeiles Mittel gegen den Biß wüthender Hunde“

 

Das „Magazin für Pharmacie“ als biedermeierliches Wissens-Kompendium nennt 1827 seltene Wildrosen auf Wieslocher Gemarkung – Kulturverein Johann Philipp Bronner plant Wiederansiedelung dieser Rosen

Von Karin Hirn

Was tun, wenn man von einem „tollwüthigen“Hund gebissen worden ist? Welche Apfelsorte ist die beste? Was blüht und wächst denn auf dem Wieslocher Gewann „Hässel“? Auf all diese unterschiedlichen Fragen weiß das „Magazin für Pharmacie und die dahin einschlagenden Wissenschaften“, herausgegeben von Dr. Ph. L. Geiger in Karlsruhe und erschienen 1827 ebenda in der Müllerschen Hofbuchhandlung, umfassende Antworten.

Früher war die Apotheke ein „Gesundheits-Krämerladen“

Der Band, der original im Internet als E-Book einsehbar ist, vereinigt viele verschiedene Aufsätze unterschiedlichster Pharmazeuten und Naturwissenschaftler aus dem ersten Viertel des 19. Jahrhunderts und zeigt, dass die Naturwissenschaften zu damaliger Zeit keineswegs denen heutiger Zeit entsprachen. Blättert der interessierte Leser den Band durch, so stößt er auf die verschiedensten Disziplinen: die Pharmazie, die Chemie, die Botanik, die Physik, die Biologie, die Mineralogie und „Nebengebiete“, die sich unter anderem mit Krötengift und dessen Wirkung oder der Blut-Sektion der gerichtlichen Anatomie beschäftigen.

Alles wichtige Informationen für die Ausbildung von „Apothekengehilfen“ und Pharmazeuten des frühen 19. Jahrhunderts, war doch damals die Apotheke eher eine Drogerie oder ein „Gesundheits-Krämerladen“, in der es vom Wurmmittel bis zu den Hilfsmitteln des Einkochens von Säften und Obst so ziemlich alles gab. „Interdisziplinär“ war damals das Schlagwort der in überschaubarem und bescheidenem Maße existenten und sich erst langsam entwickelnden Naturwissenschaft, die noch nicht in umfassende Einzeldisziplinen zersplittert war.

Ei und Eichenstaub gegen den „Biß tollwüthiger Hunde“

So widmet sich der Sammelband neben Ratschlägen, beispielsweise wie Chinin oder Indigo anzuwenden seien, auch dem Übel von Gallensteinen und dem Cholesterin. Die Aufsätze der verschiedenen „Naturwissenschaftler“ beschäftigen sich unter anderem auch mit Mineralquellen und der Höhlenforschung, hier besonders unter dem Aspekt prähistorischer Knochenfunde. So wird behauptet, man habe Tigerknochen in der „Baumannshöhle“ gefunden. Gegen den „Biß tollwüthiger Hunde“ verordnet der Apotheker 1827 als „leichtes und wohlfeiles Mittel“ übrigens Ei und Eichenstaub. Das Buch gibt nur bedingt Auskunft, ob die Wirkung dieses „Heilmittels“ einschlagender Natur war.

Kapitel über wildwachsende und kultivierbare Pflanzen um Heidelberg

Auch den Anwendungen und Fehlern bei Giftpflanzen ist ein Kapitel gewidmet. Der Autor Prof. Dierbach wendet sich in seinem umfassenden Bericht als Botaniker und Pharmakologe den wildwachsenden und kultivierbaren Pflanzen um Heidelberg zu. Er benennt und katalogisiert alles, was er dafür als Wert erachtet.

Angefangen bei den Kirsch-, Apfel- und Birnensorten, weiter beschreibend die Reinetten, die Schlehen und Zwetschen, gefolgt von den „nackenden Frühpfirsichen“. „Unter allen Obstsorten machen die Birnen am meisten Schwierigkeit.“ (S.7) Prof. Dierbach bückt sich auch herunter zu den kleinen Kräutern und Pflanzen am Boden, wie Weiderich und Euphorbia. Dabei gleitet sein beschreibender, botanischer Katalog in die Wissenschaftssprache des 18. Jahrhunderts ab, die Beschreibungen verfasst er in Latein.

Auf den Wieslocher Höhen eine Fülle an Wildrosen entdeckt

Von Heidelberg schweiftt er ab in Richtung Süden und gelangt so nach Wiesloch und damit auch besonders auf die Höhen und Hügel der „Hässel“ und des „Köpfles“. Die Gebiete waren um 1827 noch unberührtes Wüstungsgebiet des Bergbaus bzw. es wurde dort sogar noch der Bergbau betrieben. Die Gegend mit ihrer ganz besonderen Bodenbeschaffenheit und Schwermetallbelastung hatte eine Vegetation hervorgebracht, die für jeden Botaniker eine reiche Fundgrube gewesen sein musste.

So auch für Prof. Dierbach, der dort oben auf den Wieslocher Höhen eine Fülle verschiedenster Wildrosenarten identifizieren konnte. Keine leichte Arbeit für den „Wissenschaftler“, welcher die Rosenbestimmungsbücher von Séringe, Decandolle und Trattinick kannte: „Dennoch ist es eben nicht leicht, selbst im Besitze aller dieser Hülfsmittel, manche Rosenform sicher zu bestimmen; ich bin deshalb dem Herrn Kammerrath Waitz in Altenburg, der seit vielen Jahren die Rosen zu seinen Lieblingsstudien auswählte, besonderen Dank schuldig, indem er mir schon vor 6 Jahren die ihm aus der hiesigen Gegend zugeschickten Rosen zu bezeichnen die Güte hatte, und meine Sammlung bei seiner Anwesenheit dahier im Spätjahr 1825 nochmals durchsah, doch ist seitdem wieder einiges Neue hinzugekommen…“ (S. 11 – 12)

Auf den kalkhaltigen Hügeln um Wiesloch erblühte die „Rosa germanica Maerklin“ (Deutsche Rose)

Prof. Dierbach untersuchte demnach die „Wieslocher Hässel“ auf ihr Vorkommen von Wildrosen und wurde mehr als fündig. So identifizierte er die „Rosa hybrida Schleicher“ und die „Rosa gallica hybrida Gaudin“. „In collibus calcareis circa Nußloch, Wiesloch, Maischbach (…) in locis Iunio florens“ (S.61) . Auf den kalkhaltigen Hügeln um Nußloch, Wiesloch und Maisbach blühte meist im Juni die „Rosa germanica Maerklin“ (Deutsche Rose). Der folgte die „Rosa arvensis“, eine Kreuzung zwischen der „Rosa gallica“ und der „Dt. Rose“. Die „Gallica“ („Französische Rose“) idfentifizierte er auf Äckern um Schatthausen.

Er fand auch die selten vorkommende, im Unterholz wachsende „Rosa tomentosa Smith“, auch „Filzige Rose“ genannt, „…in silvis et ad sepes, sed var“ (S.62) Danach verzeichnete er die „Haarige Rose“, („Rosa villos L.“) und die „Wein- oder Rostrose“ („Rosa rubiginosa“). (S.63) Er fand ebenfalls die „Rosa sarmentacea Woods“, „circa Wiesloch rarius occurrit“, bei Wiesloch selten vorkommend, und Unterarten der „Hundsrose“ (Rosa caninae). Prof. Dierbach war auf seinen Rosenexkursionen auf den Wieslocher Höhen wohl in guter Gesellschaft, benannte er zu seiner Zeit doch zwei Wildrosearten aus dem hiesigen Raum nach den beiden Wieslocher Apothekern Märklin und Bronner. Es ist deshalb sehr wahrscheinlich, dass er beide gut gekannt hatte.

„Maerklins Rose“

Die „Rosa Maerklini“ (Märklins Rose) war selten auf den Hügeln um Wiesloch, aber immerhin doch vorhanden – „In collibus circa Wiesloch rarissima“ (S. 63 – 64) Er beschreibt sie wie folgt: „…aculeis rectis, setis intermixtis, foliolis ovatis serratis glanduloso – rubiginosis, floribus subcorymbosis, tubis calcinis insediaris.“ Mit aufrechten Stacheln, dennoch durcheinander stehend, mit ovalen, gesägten, drüsigen Blättern – mit roten, gebogenen Blüten.

Prof. Dierbach erklärt weiter: „Speciosam dixi stirpem in honorem defuncti Maerklini, qui ante plurimos annos eius specinem voce R. pseydo-rubiginosa mecum communicavit, sed mutandum nomen erst ob Rosam pseydo-rubiginosam Léjeunii, quae nostra vix convenit.“ (S.63ff). Zu Ehren des Apothekers Märklin habe er diese Mutante der „Rosa rubiginosa“ („Weinrose“) auf dessen Namen getauft, da dieser vor Jahren mit ihm wegen dieser Spezies Kontakt aufgenommen und diese benannt habe. Ihr wirklicher Name sei aber „Rosa rubiginosa Léjeunii“.

Auch Bronner wurde eine Rose gewidmet

Diese Ehre sollte auch Johann Philipp Bronner zuteil werden, auch wenn der Botaniker dessen Vornamen nicht genau wusste: „Speciosam stirpem dixi in honorem D. Bronner pharmacopoei Wieslocensis, Botanici et Mineralogi pertissime, Rosarum cultoris strenui, qui et hanc speciem primus detexit.“ (S. 65 – 66) Dem Apotheker aus Wiesloch, diesem sehr erfahrenen Botaniker und Mineralogen Bronner, der diese Rosenart zuerst gefunden hatte, und dem tatkräftigen Rosenforscher und Kultivateur widme er seine Spezies, die in der Fachliteratur nun „Rosa canina Bronneri Waitz“ genannt werden solle.

„Ad saepe prope Wiesloch et Ladenburg, sed rara occurrit, Iunio florens.“ Selten komme sie vor, bei Wiesloch und bei Ladenburg habe er sie gefunden, im Juni blühend. Diese Unterart der „Rosa Canina“, der „Hundsrose“oder auch „gemeinen Heckenrose“, beschreibt der Forscher wie folgt: „Forte hybrida planta a Rosa rubiginosa et rosa canina, huius omnis habet caules et acules, ilius folia tubosque calcinos. Distinctissima autem nostra Rosae est Melonida oligosperma, contiret enim saepissime tantum semen unicum vel duo eaque justo majore. Forte sterilis et hybridorum more.“ „Bronner´s Rose“, eine Kreuzung zwischen „Wein-“ und „Zaunrose“, sah wie folgt aus:“ Caule ramisque armatis, aculeis maximis validis adunctis, foliis ovatis dense rubiginoso – grandulosis, floribundis corymboso umbellatis, confertis, tubis calcinis ovato – globosis hispidis, melonida oligosperma.“(S. 65 ff)

Wildrosensorte findet sich nicht mehr in Wiesloch

Die Mutante zwischen „Weinrose“ und „Hundsrose“, die „Rosa canina Bronneri“, mit ihren gekrümmten Stängel, deren Blütenblätter und Staubgefäße „beschuht“ waren, mit ihren Dornen und großen gekrümmten Stacheln, deren Blätter denen der Weinrose sehr ähnlich waren, die erhaben wuchs mit vielen Blütentrauben, diese wehrhafte, stachelige Wildrose gibt es in Wiesloch leider nicht mehr.

Kulturverein ist auf der Suche – Wiederansiedlung geplant

Der „Kulturverein Johann Philipp Bronner“ ist jedoch auf der Suche nach ihr. Unschätzbar ist dabei die Hilfe der Wildrosenspezialisten der „Gesellschaft Deutscher Rosenfreunde Baden-Baden“. Sollte man fündig werden, so wird sie mit Hilfe des Kulturvereins wieder nach Wiesloch zurückkehren.

Dies gilt auch für die „Rosa Maerklini“. Es ist geplant, beide Wildrosen dort wieder anzusiedeln, wo sie 1827 von dem Botaniker Prof. Dierbach gefunden wurden. Erste Planungen dazu laufen bereits.

Wie man sich bettet, so wohnt man!

Wohnkultur à la Johann Philipp Bronner

„Wohnen“ zur Zeit Johann Philipp Bronners, also in der Zeit zwischen Napoleonischer Zeit und Biedermeier, ist mit dem modernen Begriff „Wohnkultur“ keinesfalls vergleichbar. Das „Wohnen“ in der Bronner-Zeit wurde von den Leitgedanken der „Nützlichkeit“ und des „Platzsparens“ geprägt. Der Ort der täglichen Arbeit und des Wohnens war größtenteils derselbe. Auch Bronner wohnte und arbeitete unter dem gleichen Dach: Die Apotheke Märklins in der Pfarrgasse/ Kirchgasse war 1815 auch dessen Wohnhaus.

Hygiene im modernen Sinne war ein Luxus der Könige. In Wiesloch existierte zu der damaligen Zeit weder eine Wasserversorgung noch gab es Abwasserleitungen. Wasser wurde aus den vielen Brunnen der Stadt in Kannen und Eimern besorgt, falls nicht – welch ein Luxus! – im eigenen Keller ein Brunnen war.

Das Bild der biedermeierlichen Küche unterscheidet sich in nicht von der Ansicht einer Küche der Barockzeit. Nach wie vor bestimmen die Größe und der Reichtum des Haushalts die Größe der Küche, die um den offenen Kaminherd Töpfe, Kannen, Kasserolen, Tiegel und Gefäße auf einfachen Regalen oder an den Wänden stapelt. Das Abwasser und die Fäkalien entsorgte man entweder in der „Kotrinne“ direkt vor dem Haus, in der oft bereits Etliches von Schwein, Rind und Pferd herumschwamm, oder auf dem eigenen Misthaufen. Stallungen und Wohngebäude standen eng beisammen.

In Wiesloch stank es zum Himmel

Leibstuhl, Großherzogtum Baden, Karlsruhe

Es stank in Wiesloch auf vielerlei Arten. Die Entsorgung der Fäkalien besorgte das Hausmädchen oder die unterste  Magd. Meistens genügte dazu ein Nachttopf, dessen Inhalt in den Koteimer entleert wurde. Aus praktischen Gründen trugen die Frauen meistens keine Unterhosen und wenn – dann waren sie hinten offen. Es war Mühe genug, die Röcke rechtzeitig zu schürzen, wenn sie etwas drückte.

Wer Wert auf Luxus legte, besorgte sich einen „Kackstuhl“ nach dem Vorbild Liselottes von der Pfalz, die ihr geliebtes Möbel hin und wieder brieflich erwähnte. Auf dem „Kackstuhl“ pflegte sie Bücher zu lesen und es ware eine Ehre, ihr diesen hinterhertragen zu dürfen. Der „Leibstuhl“ des Empire /Biedermeierzeit war ein kubisches Meuble aus edlen Hölzern, transportabel und die Krönung der modernen Hygiene.

„Badehäuser“ hatten nur die Fürsten

Gewaschen wurde im Bürgertum mit dem Lavoir, Krug und Schüssel aus Keramik, gebadet entweder gar nicht oder in einer faltbaren Planenwanne. Fürsten dagegen hatten feste Wannen in eigenen Badhäusern, wie zum Beispiel im Schlossgarten von Schwetzingen zu sehen. Das Baden war, in Gegensatz zu den Badegewohnheiten der Bürger, in adligen Kreisen eine gesellschaftliche Sache. Markgraf Wilhelm von Baden schreibt in seinem Tagebuch „Denkwürdigkeiten“ von dem Baden und Schwimmen im Neckar. Dies ging allerdings nur, wenn er auf seiner Domäne Zwingenberg Ferien-Aufenthalt nahm.

Der Wandel von der Unterkunft zur repräsentablen Logis

Bronners Wohnhaus. Es beherbergte lange Jahre das Modehaus Bender, anschließend Bücher Dörner und steht momentan leer (Stand: Mai 2017). Quelle: Stadt Wiesloch

Das bürgerliche „Haus“ der Bronner-Zeit hatte dann sich zunehmend von einer nützlichen Unterkunft zum repräsentablen Logis gemausert. Betrachtet man Bronners Wohnhaus in der Hauptstraße (ehemals Buchhandlung Dörner), so ist zwar die Apotheke noch in das Wohnhaus integriert, das Wohnhaus selbst zeigt jedoch schon eine repräsentative Fassade. Es kündet als „sprechende Architektur“ vom Selbstbewusstsein der überaus wohlhabenden Bürgerfamilie Bronner.

Mit dem Neubau der Apotheke gegenüber (heute „Stadtapotheke“), den Bronner 1858, also mit 66 Jahren und sechs Jahre vor seinem Tod, für seinen Sohn Johann Philipp Georg errichten ließ, brach er mit dieser Tradition. Sein Wohnhaus behielt er an alter Stelle weiter bei und die Apotheke lag als zu seiner Zeit überaus moderner Zweckbau mit Mezzaningeschoss in angenehmer Trennung und Entfernung gerade gegenüber.

Da Bronner das Grundstück für den Neubau als landwirtschaftliches Anwesen, u.a. mit einem Weinkeller, schon vorher besessen hatte, war das Bauvorhaben für ihn keine große Sache. Bis zu seinem Tode behielt er den neuen Apothekenbau, der vom Sohn Johann Philipp Georg eine Zeitlang betrieben wurde, bevor dieser ihn verkaufte und sich ganz dem väterlichen Weingut widmete.

Das Entstehen der „heimischen Idylle“

Um Gäste zu  empfangen – die Familie Bronner empfing beispielsweise die Wieslocher Großbürger-Familien Kußmaul, Greiff, Koch, wichtige Reisende und auch gelegentlich Wilhelm von Baden – bedurfte es eines repräsentablen Salons mit modernem Meublement. In der Intimität der Räume, als deren wichtigster eben diese „gute Stube“ erscheint, lag schon ein guter Teil des anwachsenden romantisch-biedermeierlichen Gefühls mit heimischer Idylle.

Man stelle sich einen Raum vor, in einer hellen Farbe gehalten, die einfachen Möbel braunrot, der Ofen weiß. Die Wände zieren kleine Miniaturen oder Kupferstiche, manchmal findet sich ein typischer Silhouettenschnitt /Scherenschnitt unter Glas und Rahmen.

Wohnraumgestaltung im Biedermeier

Bei aller Einfachheit des Raumes gewinnt er durch den hin und wieder erscheinenden Dekor von Stoffen mit Blumenmustern oder Streifen-Bordüren in leuchtenden Farben. Dazu ein großer Spiegel zur Vervielfachung des Tageslichts, hier eine Topfpflanze, am Fenster eine durftige Gardine oder das Fensterglas sogar ganz frei von Dekoration. Den Boden ziert ein Holzparkett. Wiener Biedermeiermöbel, einfache Sessel, ein bequemer Lehnstuhl, eine dekorative Uhr und natürlich ein Nähtischchen für Frau und Tochter.
War man in der Ausstattung mutig, so fanden sich Möbelstücke im Stile des Neuklassizismus Friedrich Schinkels oder massige Schreibmöbel aus Weichholz. Der Stil dieses Mobiliars entspricht dem Bürgertum dieser Zeit, es vereinigen sich hier die Gedanken des „Zopfstils“ mit vereinfachten Formen des Empires. In Vordergrund steht allerdings vor allem der Anspruch nach Zweckmäßigkeit und Bezahlbarkeit des Interieurs.

Das Bürgertum verlangt nach individuellen Räumen für die Nacht

Auch das Schlafzimmer hat sich verändert. Das Bürgertum verlangt nun – dem Beispiel des Adels folgend – nach individuellen Räumen für die Nacht. Waren vor einigen Jahrzehnten noch sehr viele in einen Raum zum Übernachten „zusammengepfercht“, so bevorzugt die Bronnerzeit das „individuelle“ Gemach mit eigener Bettstelle, Nachttopf im Nachttisch und Lavoir. Gemälde der Bronner-Zeitgenossen  Moritz von Schwindt, Ferdinand Georg Waldmüller oder des Dänen Christoffer Wilhelm Eckersberg geben Einblick in Räume zur Bronner-Zeit.

Osterspaziergang mit Bronner

„Vom Eise befreit sind Strom und Bäche / Durch des Frühlings holden und belebenden Blick. / Im Tale grünet Hoffnungsglück; / Der alte Winter, mit seiner Schwäche, / Zog sich in rauhe Berge zurück. (…) / Überall regt sich Bildung und Streben, / Alles will sie mit Farben beleben; / Doch an Blumen fehlts im Revier/ Sie nimmt geputzte Menschen dafür(…) “
(J. W. von Goethe, Faust 1, Szene Faust und Wagner, 1808)

Johann Philipp Bronner: Die Herren trugen an Feiertagen den schwarzen Tuchrock, das „Ehrenkleid des Bürgertums“.
Bronners 2. Ehefrau, Elisabetha – genannt Lisette – Heddaeus aus Biebelnheim bei Alzey.

Vor Ostern wurde das Alltagsleben der Familie Bronner durch ihren lutherischen Glauben geprägt: Die vorösterliche Zeit und die Karwoche wurden von Zurückgezogenheit im eigenen Heim, durch Fasten, Kirchgang und Abendmahl als Zeit der Trauer und Buße bestimmt. Das Osterfest war dagegen von der Hoffung und der Freude über die Auferstehung Christi gezeichnet. Waren die dunklen und strengen Tage der Karwoche das letzte Aufbäumen des Winters, so war das Osterfest nun Symbol des aufbrechenden Frühlings. Das Ende des Sitzens in der dunklen Stube war angebrochen, mit der wärmenden Ostersonne drängten die Menschen hinaus ans Licht und in die grünende Natur.  Die Reben im Weinberg bereits im Februar geschnitten, die Ernte des vergangenen Herbstes gut in Fässern in den Weinkellern verwahrt, im Weinberg alles für das Einschießen des Saftes und dem Austrieb der „Augen“ vorbereitet, dazu noch den Rosen fachmännisch den Führjahrsschnitt verpasst – so ließ  sich wohl auch bei „Bronners“ alles vorzüglich für die kommende Saison an. Einmal Zeit für die Familie – falls Bronner die Festtage über zuhause war – und hinaus in die frische Luft! Osterspaziergang ist geplant, zu Fuß oder in der Chaise über das Wieslocher Kopfsteinpflaster ratternd. Für Gattin Elisabetha und Tochter Karolina Luisa die beste Gelegenheit, zu zeigen, was modisch angesagt war und was man sich leisten konnte. Die Herren dagegen trugen stolz den schwarzen Tuchrock, das „Ehrenkleid des Bürgertums“, zur Schau.

„Kehre dich um von diesen Höhen / Nach der Stadt zurück zu sehen! / Aus dem hohlen, finstern Tor / Dringt ein buntes Gewimmel hervor. / Jeder sonnt sich heute so gern. /Sie feiern die Auferstehung des Herrn…“ (a.a. O.)

Beim Besuch unseres Museums „Bronner’sches Gartenhaus“ im Park des PZN wird der Besucher von Kleidern empfangen, welche die Mode des „Empire“ bis zum „Directoire“ zeigen. Dieser Stil war in Bronners Jugendzeit absolut Tagesthema. Nach der Französischen Revolution 1789 war es zu einem plötzlichen Modewandel gekommen, denn ab sofort war alles verpönt, was an die Mode des Adels erinnerte. Ein neuer „Arbeiter- und Bauernstil“ mit langen Hosen (nur keine Kniebundhosen!) und kurzen Jacken im Stil englischer Modezeitschriften machten Furore. Seit altgermanischer Zeit trugen die Männer erstmals wieder lange Hosen. Der schwarze Tuchrock, besagtes „Ehrenkleid des Bürgertums“, wurde mit Schärpen oder Kokaden farbig aufgepeppt. Gerne griff man auch zum blauen Rock mit roten Aufschlägen über weißer Weste. „Very British“ waren die bodenlangen Röcke der Frauen mit Westen, Jacken mit Revers sowie der  „Rédingote“, einem „riding-coat“.

Beim Besuch des Bronner’schen Gartenhauses wird der Besucher von Kleidern empfangen, welche die Mode des „Empire“ bis zum „Directoire“ zeigen. Dieser Stil war in Bronners Jugendzeit absolut Tagesthema.

Die Mode orientierte sich immer weiter am antiken Stil als Vorbild einer neuen bürgerlichen und demokratischen Kultur. Die Damen am großherzoglichen Hof zu Karlsruhe, sei es Josephine, Sophie oder Stephanie, griffen zu betont einfachen, teils durchsichtigen, ärmellosen oder kurzärmeligen Gewändern aus weißem Musselin, trugen Schuhe, die mit Bändern um die Waden geschnürt wurden und hatten die Haare ebenfalls mit Bändern nach oben gesteckt. Ihre Körper sollten betont frei von allen verformenden Hilfsmitteln, wie Reifrock oder Korsett, sein. Das Dekolleté wanderte zum Teil so weit nach unten, dass der Busen fast herausfiel. Die Taille saß direkt unter der Brust. Dies galt übrigens auch für die Männer: Sie zogen ihren Hosenbund hoch über den Bauch, die engen Hosen endeten in wadenhohen Stiefeln, die Jacken waren vorn weggeschnitten und waren damit Vorläufer des Fracks. Der Kragen an den Männerhemden reichte fast bis zu den Ohren („Vatermörder“) und eine übergroße, hohe Krawatte würgte kräftig die Männerhälse. Mit Napoleon kamen auch die farbigen und steifen Stoffe, der Samt und die Stickereien in die Frauenmode. Keinesfalls hoffnungsvolle Aussichten für den Haushalt einer gut-lutherischen   Apothekersfamilie in der badischen Amtstadt-Provinz! Keine Mode für die Pfarrerstochter Elisabetha Bronner, geborene Heddäus aus Bibelnheim! Nomen est omen.

„Ich höre schon des Dorfs Getümmel, / Hier ist des Volkes wahrer Himmel, / Zufrieden jauchzt groß und klein: / Hier bin ich Mensch, hier darf ichs sein!“ (a. a. O.)

Ab 1820 wurden die Gewänder steifer, die Röcke in A-Silhouette wurden kürzer, dafür wanderte der Ausschnitt entschieden höher, die Ärmel reichten bis ans Handgelenk. Ende der Freizügigkeit! Das ist Mode für Elisabetha Heddäus! Züchtigkeit des Biedermeier (1820 – 40)!

Die Herren ließen sich ihre bürgerliche Freiheit zunächst nicht nehmen: die „Dandy-Mode“ – dunkle Tuche, perfekter Sitz des Anzugs, blütenweiße Hemden und Zylinder – kam in Mode. Dennoch, brave friedliche Bürgerlichkeit und die Ideale „Familienleben“ und „Häuslichkeit“ prägten diesen Stil genauso wie die Zurschaustellung reichen Großbürgertums. Beim Einordnen der zwei Einzelporträts von Johann Philipp Bronner und seiner Gattin Elisabetha, geb. Heddäus, – ebenfalls als Kopien im „Bronner´schen Gartenhaus“ zu sehen – liegt der Betrachter hier ganz richtig: Der wohlhabende Großbürger ist bewusst dunkel und schlicht gekleidet. Zur langen engen Hose, Überlänge bis unter den Schuh, zum Frack oder Gehrock, trägt Mann eine kunstvoll geknotete Krawatte und Zylinder. Nicht verraten wurde, dass sich die Männer in Korsetts gezwängt hatten, dass sie ab zu eine karierte Hose bevorzugten und dies gerne mit einer kurzen Jacke, dem späteren Jackett, kombinierten.

Schließlich doch Mode für Elisabetha: Nach dem Motto „Pracht entfalten!“ ruschte die Taille tiefer, die Schnürung wurde eng und enger (Korsett!), der Rock mittels Roßhaareinlagen fülliger, mit mehreren Lagen Unterröcken, darunter eine Krinoline zunächst aus teurem Fischbein, später aus dem Massenprodukt Federstahl. Dazu Volants, Garnituren und Deko. Die Ärmel wurden tiefangesetzt und sehr bauschig, V- Ausschnitte, Fältelung der Stoffe, gerne hochgeschlossen am Hals, mit dreieckigen Schultertüchern oder Kaschmirschals. Und zuletzt das Beste: eine dunkle Hochsteckfrisur mit Korkenzieherlocken, zur Abdeckung der seitlichen Sicht und bei Bedarf noch der berühnte Schutenhut aus Stroh und mit  fester Schleife unterm Kinn. Fürwahr ein „zweites Rokoko“ und für den „Osterspaziergang“ in der Provinz in damaliger Zeit geradezu ein Muss!

Bronner’s „Taubenpost“

Fernkommunikation Mitte des 19. Jahrhunderts – Jenseits von E-Mail und SMS


In einem Brief vom 10. August 1840 schreibt Johann Philipp Bronner an seinen Sohn Carl: “ Nach dem 17ten August werde ich nach Österreich abreisen. Ich habe über 300 Stunden nach Tokay, mit allen Kreuzwegen werde ich 800 Stunden Wegs machen (…) Wenn ich nur wieder glücklich aus Östereich komme.“ (Quelle: Dr. Fritz Schumann: Der Weinbaufachmann Johann Ph. Bronner und seine Zeit. S.28) Wenn Bronner auf Reisen war – und er war auf vielen Reisen – dann schrieb er immer wieder nach Hause an seine Familie. Er erzählte den Angehörigen in Wiesloch von Reiseerlebnissen und wollte ihre Sorgen bezüglich seines fraglichen Wohlergehens in der Fremde zerstreuen. Reisen war in damaliger Zeit gefährlich und mühsam. Im Gegenzug erwartete er, dass auch seine Frau und seine Kinder die Korrespondenz aufrecht erhielten.
Heute würde Bronner mittels Telefonie schnell von seinen Reiseetappen eine SMS an die Lieben in Wiesloch versenden. In damaliger Zeit ging die Korrespondenz nicht so einfach. Man schrieb sich Briefe, zuerst ohne Kuvert, aber das Briefblatt zu ebendiesem zusammengefaltet und mit Lack und Stempel versiegelt. Wer den Brief lesen wollte, musste das Siegel zerbrechen. Später kamen dann Kuverts, in die man seine Briefe stecken konnte, nachdem man sie mühsam, aber mit ausführlicher, blumiger und literarischer Liebe bei flackernden Licht mit der Feder hingekratzt und mit Streusand getrocknet hatte.
Das Großherzogtum Baden hatte bis 1851/52 die Posthoheit inne und die erste Briefmarke, „Freimarke“ genannt, gab es im gleichen Jahr jeweils für 1, 3, 6 oder 9 Kreuzer. Bayern hatte schon 1849 als erste Briefmarke in Deutschland, den „Schwarzen Einser“, eingeführt. Bis ungefähr 1850 konnten Nachrichten, Personen oder Güter nur mit menschlicher oder tierischer Muskelkraft transportiert werden. Die „Post“ ging also entweder mit Boten oder im Eilpostwagen vom Absender zum Adressaten. Die Mengenkapazität der Briefe war demnach begrenzt – das war aber nicht schlimm, denn nur die Oberschicht und das gebildete Bürgertum konnten lesen, schreiben und die Transportkosten bezahlen. Mit der Einrichtung der Eisenbahn änderte sich die Situation schlagartig. Der Wieslocher Posthalter David Greiff beklagte sich 1843 darüber, dass er aufgrund der neuen Eisenbahn jetzt nicht nur Personen, sondern vermehrt auch  die Post zur Bahnstation befördern musste. 1855 gab er dann dieses Gewerbe auf und übertrug den lästigen Dienst seinem Sohn Carl David. Ein weiteres „Übel“ kam hinzu, denn um 1860 begann die Geschichte der „Postkarte“ zeitgleich in Deutschland und Österreich. Man war empört: Ein Schriftverkehr, der in Form der „Korrespondenzkarte“ von jedermann mitgelesen werden konnte, da es sich um eine offene Karte anstatt eines gut verschlossenen Briefkuverts handelte! Man nannte dies „einfach unsittlich“.  Steigendes Kommunikationsbedürfnis und wachsende Reise-Mobilität verhalfen der preisgünstigeren Korrespondenzkarte, die schon bald zur „Bildpostkarte“ wurde, endgültig zum Sieg.
Bronners Zeitgenosse, der Komponist Franz Schubert (1797 – 1828) bringt das 1828 auf einen literarisch-musikalischen Punkt, was Johann Philipp Bronner 1840 am „eigen Leib“ verspüren musste: die Sehnsucht des Reisenden nach Weib und Familie in der Heimat. In dem Liederzyklus „Schwanengesang“ findet sich Johann Gabriel Seidels launig  vertontes Gedicht „Die Taubenpost“:

„Ich hab‘ eine Brieftaub/ in meinem Sold/ Die ist mir gar ergeben und treu/
Sie nimmt mir nie/ das Ziel zu kurz/Und fliegt auch nie vorbei/
Ich sende sie viel tausend mal/ auf Kundschaft täglich hinaus/
Vorbei an manchem lieben Ort/ Bis zu der Liebsten Haus/…/
Sie heißt – die Sehnsucht! Kennt ihr sie? / Die Botin treuen Sinns.“

Zu Brieftauben musste Bronner nicht greifen, als er zwischen dem 17. August und dem 16. Oktober 1840 seiner Frau Elisabetha schrieb: “ Ich war Gottlob immer gesund… Glücklich will ich mich dann in Deiner Nähe wieder fühlen… ich habe nun die Welt gesehen, ich kann jetzt mit Ruhe bei meiner Familie bleiben.“ (Quelle: s.o.)
Echte „Taubenpost“ eben, wenn auch auf Bronner’sche Art. Und wenn Bronner zur „Bildpostkarte“ hätte greifen können, welches Motiv hätte er dann wohl gewählt? Sicherlich hätte er seiner Familie und ganz besonders seiner Ehefrau eine üppige Rosen-Postkarte geschickt, war doch die Rose neben der Traube Bronners wahre Leidenschaft.

Bronner’s Küchengeheimnis Nummer 1: „Wespennester“

Hier kommt etwas für kuschelige „Knabber-Abende“ im Februar und März vor dem offenem Kaminfeuer der „Villa Bronner“ und mit einem Glas Grauburgunder der Serie „J. Ph. Bronner“ der „Winzer von Baden“: Ein Original-Rezept aus der Küche des Majors Bronner – Festgehalten von Gisela Schmidt-Rohr.

Bronner’s Küchengeheimnis Nummer 1:  „Wespennester“

  • 375 g Mandeln ungeschält
  • 180 g geriebene Blockschokolade
  • 250 g Zucker
  • 6 Eiweiß
  • eine Prise Vanille
  • 1 Messerspitze Zimt

Mit der Hand in Stifte geschnittene Mandeln in zwei Portionen goldgelb in einer Pfanne rösten. Etwas abkühlen lassen, dann Zucker an die gerösteten, noch heißen Mandeln – schwarz gewordene, kleine Mandeln vorher absieben – geben. Den Eischnee und und den restlichen Zucker sehr steif(!) rühren , ca. 5 Minuten(!) Schokolade, Vanille, Zimt und Mandeln dazugeben. Den „Teig“ eine Viertelstunde im Kalten(!) stehen lassen. Auf ein kaltes(!), gefettetes Backblech kleine Teighäufchen mit einem Kaffeelöffel setzen, 15 Minuten mit Heißluft bei 140 Grad backen. Es ergibt 5 bis 6 Bleche.

Gisela Schmidt-Rohr wohnte in der Villa Bronner und kannte Maria Bronner (1905-1977), die Ehefrau von Oberst a. D. Erich Bronner (1885-1968) sehr gut. Erich Bronner war der Sohn des Weingutbesitzers Otto Bronner (1849-1933), einem Enkel von Johann Philipp Bronner. Maria Bronner war gelernte Hauswirtschafterin und bekannt für ihre gute, hochherrschaftliche Küche.